Seven Pillars

Kulturelle Kontexte, künstlerische Intentionen

Die „Seven Pillars“, seien sie auch gerade erst errichtet, stehen dennoch historisch in der langen Tradition der „archetypischen“ Symbolik aller Pfeiler, Stelen und Säulen innerhalb der menschlichen Kulturen. Dort gelten sie als elementare Verbindung und Trennung von „Oben“ und „Unten“, im physischen wie im transzendenten Sinne.

Als Säulen sind sie die Stützen und Bedingungen des Raumes, die das „Oben und Unten“ trennen und halten, den Raum erst eröffnen und gewähren, in der menschlichen Behausung wie im Tempel, und tragen als Pfeiler im Welterdenraum unsichtbar das Firmament.Als Stelen in diesem religösen Kontext gelten sie als die Weltachse, axis mundi, die exemplarisch die irdische mit der transzendenten Welt und Sphäre in Kontakt bringt, und diese elementaren Polaritäten, ihre Kräfte und Informationen transformiert.

Dieser symbolische Archetypus umfasst im übrigen alle Steinaufrichtungen und –schichtungen, Pyramiden- und Turmbauten bis hin zu unseren Hochhäusern. Er steht dann im Zeichen des menschlichen Bewusstseins , seiner Anwesenheit, seiner Fähigkeiten, seines Willens und seiner Macht. In diesem Aspekt suchen und binden Pfeiler und Stelen die Aufmerksamkeit, werden mit Zeichen, Texten, Bemalungen oder auch skulpturalen Abbildungen versehen, je im Kontext ihrer weltlich-politischen oder religiösen Funktionen.

Die „Seven Pillars“ als eben „7“ Pfeiler befinden sich aber auch im Symbolbereich der Zahlen. Die Sieben ist weltweit eine besondere, „heilige“ Zahl, es gibt die 7 Kapitel oder Säulen des Seins, die 7 Chakren etc. In der Numerologie unserer Kultur ist die Primzahl 7 zusammengesetzt aus der 4 und der 3: die 4 steht dabei für das Ruhende und Feste, das Irdische, das Quadrat; die 3 hingegen für die geistige Bewegung und Entfaltung/Offenbarung, so z.B. in der Hlg.Dreifaltigkeit. Oder aber für die Konklusion, z.B. in der Logik von These/Antithese/Synthese . In der symbolischen Numerologie ist die 7 also die Vereinigung der irdischen und geistig-transzendenten Sphäre.

Aber auch jenseits der Mystik der Chiffren gilt in allen Künsten und ästhetischen Disziplinen, von der Architektur über die Musik bis hin zum Design, das Zahlenverhältnis 4:3/3:4 als eines der grundlegenden und wichtigsten Proportionsverhältnisse.
Die „Seven Pillars“ des Jahres 2006 an der Hammerstraße in Düsseldorf, um nun die konkrete Situation in den Blick zu nehmen, sind durch die Architektur gleichfalls in eine 4:3 Gruppierung gebracht, d.h. dieses Proportionsverhältnis kann hier unmittelbar anschaulich in seiner ästhetischen Wirkung erlebt werden.
Die Bemalungen der Pfeiler, die Intentionen dieses malerisch-skulpturalen Konzeptes, könnte man als den Versuch beschreiben, auf 7 formgleichen Stahlträgermodulen durch bestimmte Variationen der Farben und der Formen, der Texturen und Oberflächenstrukturen, eine Komposition von malerischen „Klängen“ und „Rhythmen“ zu realisieren, gewisser-maßen das Verhältnis von Malerei, Musik und Architektur zu explorieren, in einen „sprechenden“ oder „klingenden“ Kontext zu bringen.
Die Pfeiler 1, 4 und 7 (von der Straße aus gesehen) bilden dabei in den Farben Chinarot, Dioxazinviolett und Aquagreen den „Grundklang“ der Installation. Pfeiler 1 und 7 , als Chinarot und Aquagreen nahezu Komplimentärfarben, grenzen als Außenposten hierbei das Ensemble ebenso ab wie sie nach innen eine tonale Grundspannung anlegen.
Die 4., dioxazinviolette Stele wandelt oder vermittelt diese in einen Modus der farbklanglichen Einfaltung oder Verinnerlichung. Die verwendeten Texturen sind der Schliff in eine Unterfarbe (1 und 7), und eine gemalte Mikrostruktur in der violetten ( 4 ).
Die folgenden Pfeiler, also 2 und 6, thematisieren deren Maße in Höhe und Breite: die horizontalen und vertikalen Streifungen bilden Anhaltspunkte, rhythmische Abfolgen für die menschliche (Maß-)Wahrnehmung; hier in den Farbklangkontrasten Kobaldblau und Silber (2) bzw. Preußischblau und Gold (6).
Innerhalb der Installation der 7 Pillars kommt den Stelen 3 und 5 eine besondere Funktion zu: sie kontrastieren und brechen den fast monochromen „Grundklang“ der Pfeiler 1, 4 und 7, wie auch die abstrakt-funktionale Streifigkeit der Pfeiler 2 und 6, durch die Wendung in eine skriptural-freie Gestik (Stele 3, weiß-grau-schwarz) und eine gegossene Farbfeldmalerei mit eingelassenen gelben Farbinseln, die bei genauerem Hinsehen „psychodelischen Kleinstgalaxien“ ähneln (Stele 5). Diese vielleicht scheinbare „Störung“ des Ensembles hat aber die Funktion, die relativ statische Grundkomposition zu „öffnen“, „kontrapunktisch“ zu beleben und in komplexere Spannungsbezüge zu bringen.
Die Innenfugen der 7 Pillars sind durchzogen von 5 vertikalen Streifen in 3 unterschiedlichen Grautönen. Der mittlere, lichtgraue Streifen trennt die beiden bemalten Seiten der Pfeiler, und kann je nach Lichteinfall den Eindruck evozieren, einen imaginären, lichten Innenraum der Stahlkörper sehen zu können. Abhängig vom Stand der Sonne erscheint aber noch etwas andereres: durch die vertiefte Innenfuge interferiert der so erzeugte Sonnenschatten mit den vorgegebenen Grauabstufen der Fuge und moduliert ihre Grautonalität, ihre Tiefe und Breite.
Den Blick nun wieder auf das gesamte Environment richtend, auf die Architektur mit der geneigten Fassade, den zurückgesetzten Baukorpus mit seinen Seiteneinfassungen, in deren Raumgewährung nun die 7 Pillars stehen, da entsteht eine gewisse Konversation und ein gewisses kompositorisches Momentum, nämlich der Ort eines bestimmten „ dialogischen Klangs“, einer bestimmten Präsenz und Stimmung.

Düsseldorf, der 29.5.2006